VersVG-Bestimmungen in der Praxis
| 25. Oktober 2022 | Recht
§ 18 VersVG (Vorvertragliche Anzeigepflicht)
Hatte der Versicherungsnehmer die Gefahrenumstände an Hand von vom Versicherer in geschriebener Form gestellter Fragen anzuzeigen, so kann der Versicherer wegen unterbliebener Anzeige eines Umstandes, nach dem nicht ausdrücklich und genau umschrieben gefragt worden ist, nur im Falle arglistiger Verschweigung zurücktreten.
Grundsätzliches
Mit dieser Bestimmung nimmt der Gesetzgeber Rücksicht auf eine ganz bestimmte Konstellation, aus der sich das Rücktrittsrecht des VR bei Verletzung der Anzeigepflicht auf Arglist des VN beschränkt. Diese ist anzuwenden, wenn der VR einen Fragebogen (in geschriebener Form gestellte Fragen) verwendet. Dem VR obliegt es somit, die von ihm gewünschten Risiko-Informationen gezielt in seinem Fragebogen zu erkunden. Der VN wiederum kann grundsätzlich davon ausgehen, dass der VR mit seiner systematischen Fragestellung alle Informationen erhält, die er für seine Risikobeurteilung für erforderlich erachtet. Gefahrenumstände, nach denen der VR nicht explizit fragt, wird ein VN daher als unerheblich ansehen.
Voraussetzungen für die Anwendung des § 18 VersVG
Als erste Voraussetzung gilt die Fragestellung des VR in geschriebener Form, also die Verwendung eines Fragebogens. Dabei darf die Sorgfaltsanforderung an den VN nicht überspannt werden. Maßgeblich ist, ob der VN aus der Fragestellung erkennen darf, dass mit seiner Beantwortung der gestellten Fragen das Informationsbedürfnis des VR abschließend befriedigt wird. Nur wenn der VN aus der Form der Fragestellung erkennen muss, dass der Informationsbedarf des VR weitergehend ist, scheidet eine Anwendung des § 18 VersVG aus.
Die Anwendung des § 18 VersVG setzt zudem voraus, dass die Fragestellung vom VR stammen muss. Das heißt, dass Risikoerhebungsbögen u. ä., welche etwa von einem Versicherungsmakler verwendet werden, nicht zu dieser Kategorie zählen.
Die Anwendung des § 18 VersVG setzt zudem voraus, dass der VN einen, vom VR nicht ausdrücklich und genau umschriebenen, Gefahrenumstand verschwiegen hat. Wenn also der VR seine Fragestellung ausdrücklich und genau umschrieben formuliert hat, bleibt es bei der Rücktrittsmöglichkeit des VR bereits bei leichter Fahrlässigkeit des VN.
Die Anwendung des § 18 VersVG setzt zudem voraus, dass eine „Nichtanzeige“ eines nicht ausdrücklich und genau umschriebenen Umstandes des VN vorliegt. Hingegen zählt eine unrichtige Angabe des VN nicht in diesen Anwendungsbereich, vielmehr hätte der VR in diesem Fall wiederum bereits bei leichter Fahrlässigkeit des VN ein Rücktrittsrecht.
Die Vorschriften der §§ 16 - 22 VersVG sind zugunsten des VN halbzwingend, womit die Anzeigepflicht des VN zwar vertraglich eingeschränkt aber nicht erweitert werden kann. Ebenso können vertragliche Bestimmungen deren Rechtsfolgen mildern aber nicht verschärfen.
Arglist
Arglist, so urteilt der OGH, gilt als eine besonders qualifizierte Form des Vorsatzes.
Eine solche ist gegeben, wenn der VN einerseits den verschwiegenen Risikoumstand und andererseits auch die Fehleinschätzung des VR (Irrtum des VR) im Zusammenhang mit dessen Antragsannahme kennt. Das wiederum bedingt, dass dem VN im Zuge der Antragstellung auch die Gefahrerheblichkeit des verschwiegenen Umstandes bekannt ist.
Rechtsfolge: Rücktritt durch den Versicherer
Hat der VN einen Umstand, nachdem der VR ausdrücklich bzw. genau umschrieben gefragt hat, arglistig verschwiegen, so steht dem VR ein Rücktrittsrecht zu.
Leistungsfreiheit nur bei Kausalität
Auch wenn die Verletzung der Anzeigepflicht den VR zum Rücktritt berechtigt, ist die Leistungsfreiheit auch noch abhängig von der Kausalität (siehe § 21 VersVG).
Beweislast
Das Vorliegen einer Verletzung der Anzeigepflicht hat der VR zu beweisen.
Ebenso trifft den VR die Beweislast für die Kenntnis des VN vom verschwiegenen Risikoumstand.
Der VN hat alle jene Umstände zu beweisen, die dem Rücktrittsrecht des VR entgegenstehen würden. Dazu zählen etwa
■ das fehlende bzw. zu geringe Verschulden an der Nichtanzeige durch den VN;
■ die mangelnde Erheblichkeit eines vom VR ausdrücklich und schriftlich erfragten Risikoumstandes;
■ der Beweis dafür, dass der VR bereits Kenntnis vom verschwiegenen Gefahrumstand hatte.
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