Diese Beratungspflichten haben Makler in der Gewerbeversicherung
| 26. September 2017 | Recht
Diese Beratungspflichten haben Makler in der Gewerbeversicherung
Die Beratungspflichten des Versicherungsmaklers sind hoch. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist der Versicherungsmakler der sogenannte Sachwalter der Versicherungsinteressen des Kunden. Entsprechend dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber seit 2008 auch im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die Beratungspflichten des Versicherungsmaklers statuiert.
Entscheidend ist danach folgender „Vierklang“:
1. Der Versicherungsmakler hat die Wünsche und Bedürfnisse zu erfragen. Diese Pflicht zu fragen orientiert sich an der Schwierigkeit der Versicherung und der Person des Versicherungsnehmers und damit auch daran, welche Vorkenntnisse er hat.
2. Der Versicherungsmakler hat zu beraten. Für den Umfang dieser Beratung soll die zu zahlende Prämie ausschlaggebend sein.
3. Schließlich hat der Versicherungsmakler seinen Rat zu begründen.
4. Das alles muss der Versicherungsmakler auch dokumentieren.
Allein diese Ausführungen zeigen, dass der Beratungsaufwand in der Gewerbeversicherung regelmäßig höher ist als bei Privatkunden. Die Versicherungsprodukte sind besonders komplex. Außerdem müssen die unternehmerischen Tätigkeiten der Kunden gut erfragt werden, um das Risiko sachgerecht eindecken zu können. Dass bei dieser Beratung sehr differenziert vorgegangen werden muss, zeigt unter anderem das folgende Beispiel: ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 10.03.2016 (Gz.: I ZR 147/14).
Fall 1: Brand in Kosmetikfirma bewirkte Haftung der Versicherungsmaklerin
Gegenstand dieses Rechtsstreits war ein Versicherungsmaklervertrag mit einem größeren Unternehmen, zu dem unter anderem 15 Gesellschaften gehörten und welches Aerosole für die kosmetische Industrie herstellt. Das Unternehmen beauftragte die Versicherungsmaklerin damit, für sich und die 15 Tochtergesellschaften die Risikoabdeckung und Prämienhöhe zu verbessern. Daraufhin empfahl die Versicherungsmaklerin einen umfassenden, alle Risiken abdeckenden Versicherungsschutz, den das Unternehmen aber aus Kostengründen ablehnte. Die Versicherungsmaklerin beließ es dann dabei und handelte genau aus diesem Grund pflichtwidrig.
In der Folge kam es dann zu einem Brand in einer Produktionsstätte. Dafür, dass diese Produktionsstätte nicht gegen Brand versichert war, sah der BGH die Versicherungsmaklerin für verantwortlich.
Der BGH führt hierzu aus, dass ein Versicherungsmakler seine Pflichten nicht allein dadurch erfüllt, dass er ohne Prüfung und Erörterung den Versicherungsnehmer auf Lücken einer bestehenden Versicherung sowie die dadurch hervorgerufenen wirtschaftlichen Risiken hinweist und einen Versicherungsschutz gegen alle Risiken empfiehlt. Vielmehr hätte die Versicherungsmaklerin die Ablehnung aus Kostengründen nicht hinnehmen dürfen und dafür sorgen müssen, dass das Unternehmen eine für eine sach- und interessengerechte Entscheidung geeignete Entscheidungsgrundlage erhält. Das hätte erfordert, dass die Versicherungsmaklerin hätte prüfen müssen, an welchen Produktionsstätten das Risiko eine Brandes größer und folgenreicher war und anhand dieser Bewertung eine „maßgeschneiderte“ Absicherung empfehlen müssen. Das ist hier nicht erfolgt.
Kurzum: Der Versicherungsmakler kann sich nicht allein dadurch exkulpieren, dass er ohne nähere Prüfung den bestmöglichen Versicherungsschutz empfiehlt. Insbesondere wenn er erkennt, dass die Weisungen des Kunden sachfremd sind, muss er den Einzelfall sehr genau prüfen und die Risikoabdeckung ggf. abschichten.
Fall 2: Versicherungsmakler übersieht Teiltätigkeit eines Ofenbauers
In eine ähnliche Richtung stößt auch ein aktuelles Urteil des OLG Brandenburg vom 29.04.2015, Gz.: 11 U 90/10. Dort wollte der Kunde von seinem Versicherungsmakler einen möglichst umfassenden Versicherungsschutz haben.
Der Kunde war selbstständiger Ofenbaumeister. Diese Tätigkeit hatte er bei Beratung durch den Versicherungsmakler bereits seit mindestens 15 Jahren ausgeübt. Zu den von ihm angebotenen Arbeiten gehörten auch Fliesenlegearbeiten, die nicht in einem direkten Zusammenhang mit Ofenbau standen. Genau diese Teiltätigkeit wurde vom Versicherungsmakler bei der Beratung zu einer Betriebshaftpflichtversicherung übersehen.
Aus diesem Grund erstattete die Betriebshaftpflichtversicherung nicht einen Nässeschaden, den der Kunde bei Fliesenlegerarbeiten verursacht hatte. Das OLG Brandenburg stellte auch hier rechtskräftig fest, dass der Versicherungsmakler verpflichtet war, die gesamte geschäftliche Tätigkeit zu erfragen und dafür zu sorgen, dass auch sonstige mit angebotenen Arbeiten versichert werden.
Kurzum: Ähnlich dem Fall vom BGH forderte auch das Oberlandesgericht Brandenburg eine sehr genaue Analyse der Risiken des Kunden.
Schadenregulierung im Auftrag der Versicherung ist Makler untersagt
Gerade die Gewerbeversicherungen verlangen vom Versicherungsmakler auch weitreichende Rechtskenntnisse und rechtliche Beratung. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, insbesondere dann, wenn man Kunden im Schadenfall unterstützt.
So hat der BGH in einem aktuellen Urteil vom 14.1.2016 Gz.: I ZR 107/14 einem Versicherungsmakler eine schadenregulierende Tätigkeit untersagt. In diesem besonderen Fall war es so, dass der Versicherungsmakler zwar mit dem Kunden einen entsprechenden Maklervertrag geschlossen hatte, die Schadenregulierung dann aber im Auftrag der Versicherungsgesellschaft übernahm.
Damit war die mit der Schadenregulierung einhergehende Rechtsberatung nicht mehr eine Nebentätigkeit zur Versicherungsvermittlung und damit nicht mehr erlaubt. Weiterhin erlaubt ist natürlich eine rechtliche Beratung, soweit sie als Nebentätigkeit zur vermittelten Versicherung erfolgt.
Kurzum: Die Vermittlung einer Versicherung und auch die Unterstützung im Schadenfall geht praktisch immer mit einer Rechtsberatung im Einzelfall einher. Soweit diese Beratung als Annex zum eigentlichen Vermittlungsauftrag erfolgt, ist sie erlaubt. Besondere Vorsicht ist aber insbesondere bei der Schadenregulierung und insbesondere dann geboten, wenn die Versicherungsgesellschaft sich der Hilfe des Versicherungsmaklers bedient und/oder die Versicherung um die es geht, vom Versicherungsmakler nicht vermittelt wurde.
- Gerade in der Gewerbeversicherung sollte der Versicherungsmakler besonders aufmerksam die Risikosituation erfragen und den Kunden beraten. Aufgrund der regelmäßig höheren Prämien sollte auch der Beratungsaufwand im Regelfall höher sein.
- Eine unzureichende Beratung kann wie im Fall des BGH schnell zu recht hohen Haftungsrisiken führen.
- Versicherungsmakler sollte gerade bei der Schadenregulierung besonders sensibel sein und im Einzelfall eher rechtliche Beratung durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht einholen.
Nachsatz der Redaktion:
Die deutsche Judikatur ist in überaus vielen Bereichen vergleichbar mit jener in Österreich. So werden in Urteilsbegründungen des OGH nicht selten auch Judikate aus Deutschland zitiert und ist auch für die heimische Maklerschaft der Blick über die Staatsgrenze von großem Interesse.
Wir bedanken uns bei Herrn Tobias Strübing, LL.M. recht herzlich für seinen Beitrag.
- Stichworte:
- beratungspflicht
- gewerbeversicherung
- ausgabe 03/ 2017