VersVG-Bestimmungen in der Praxis
| 27. September 2023 | Recht
§ 23 VersVG (Gefahrenerhöhung - Kündigungsrecht des VR)
(1) Nach Abschluss des Vertrages darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers weder eine Erhöhung der Gefahr vornehmen, noch ihre Vornahme durch einen Dritten gestatten.
(2) Erlangt der Versicherungsnehmer davon Kenntnis, dass durch eine von ihm ohne Einwilligung des Versicherers vorgenommene oder gestattete Änderung die Gefahr erhöht ist, so hat er dem Versicherer unverzüglich Anzeige zu machen.
Vorbemerkung
Im Zusammenhang mit der Gefahrenerhöhung und den möglichen Konsequenzen für den VN sind stets die Bestimmungen der §§ 23 bis 32 VersVG zu beachten!
Zweck der Bestimmung
Der VR kalkuliert eine Prämie auf Basis der ihm bekanntgegebenen Risikoumstände (vorvertragliche Anzeigepflicht §§ 16 - 22 VersVG) womit der Versicherungsvertrag als Dauerschuldverhältnis entsteht. Änderungen der Risikoumstände, insbesondere als Erhöhung der versicherten Gefahr, würden zwangsläufig das Verhältnis zwischen Risiko und Prämie beeinflussen. Besondere Gefahrenerhöhungen könnten zudem dazu führen, dass die Erfüllung des Leistungsversprechen des VR unerfüllbar wird. Durch den § 23 VersVG wird dem VN untersagt, eine Gefahrenerhöhung herbeizuführen oder durch Dritte herbeiführen zu lassen. Kommt es zu einer Gefahrenerhöhung, die nicht vom VN beeinflusst war, so hat der VN diese unverzüglich dem VR anzuzeigen. Es handelt sich dabei um gesetzliche Obliegenheiten.
Definition „Gefahrenerhöhung“
Rechtssatz: Als Gefahenrerhöhung ist ein Gefährdungsvorgang anzusehen, der seiner Natur nach geeignet ist, einen neuen Gefahrenzustand von so langer Dauer zu schaffen, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadenverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalles generell zu fördern geeignet ist.
Grundsätzlich gilt es zu berücksichtigen, ob die geänderte Risikosituation zu einer erhöhten „Schadens-Eintrittswahrscheinlichkeit“ kommt. Ebenso ist maßgeblich, ob es dadurch zu einer erhöhten Gefahr der „Schadensauswirkung“ (Umfang der Schadensfolgen) kommt. Jedenfalls ist das gleichzeitige Zutreffen zweier Voraussetzungen, nämlich „wesentlich“ und „auf Dauer“ erforderlich, damit von einer erheblichen Gefahrenerhöhung ausgegangen werden kann. Unerhebliche Gefahrenerhöhungen sind daher nicht von Relevanz. (§ 29 VersVG)
Auch eine Erhöhung des Wertes der versicherten Sache stellt keine Gefahrenerhöhung dar, vielmehr kann dieser Umstand zu einer Unterversicherung führen. (§ 56 VersVG)
Rechtsfolgen bei Verstoß
Der VN darf also weder eine Gefahrenerhöhung vornehmen noch der Vornahme durch Dritte gestatten. Unabhängig davon, ob eine solche Erhöhung der Gefahr vom VN verschuldet oder nicht verschuldet wurde, ist der VR berechtigt, den Vertrag zu kündigen. Wurde die Gefahrenerhöhung vom VN verschuldet (gewillkürt) so muss der VR keine Kündigungsfrist einhalten, die Kündigung kann also mit sofortiger Wirkung ausgesprochen werden. Bei einer vom VN unverschuldeten Gefahrenerhöhung (nicht gewillkürt) muss der VR eine Kündigungsfrist von einem Monat einhalten. (§ 24 VersVG) Eine Leistungsfreiheit des VR wegen
Gefahrenerhöhung ist jedoch nur gegeben, wenn ein Verschulden des VN gegeben ist. (§ 25 VersVG)
Bei einer Gefahrenerhöhung, die ohne Einflussnahme des VN (unabhängig von seinem Willen) eintritt, hat der VN diese ohne Verzug zu melden, nachdem er davon Kenntnis erlangt. Daraufhin kann der VR den Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat kündigen. (§ 27 VersVG) Eine Missachtung dieser Anzeigepflicht kann den VR ebenfalls leistungsfrei machen. (§ 28 VersVG)
Beweislast
Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Gefahrenerhöhung liegt beim VR.