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VersVG-Bestimmungen in der Praxis

Avatar of Gerhard Veits Gerhard Veits | 27. Oktober 2022 | Recht


§ 19 VersVG (Vorvertragliche Anzeigepflicht)

 

Wird der Vertrag von einem Bevollmächtigten oder von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen, so kommt für das Rücktrittsrecht des Versicherers nicht nur die Kenntnis und die Arglist des Vertreters, sondern auch die Kenntnis und die Arglist des Versicherungsnehmers in Betracht. Der Versicherungsnehmer kann sich darauf, dass die Anzeige eines erheblichen Umstandes ohne Verschulden unterblieben oder unrichtig gemacht ist, nur berufen, wenn weder dem Vertreter noch ihm selbst ein Verschulden zur Last fällt.

 

 

Grundsätzliches

Diese Bestimmung zielt auf jene Fälle ab, in denen ein Versicherungsvertrag im Rahmen eines Vertretungsgeschäftes (also durch einen Dritten im Namen des VN) beantragt wird.

Der Vertreter muss im Namen des Vertretenen, also im fremden Namen handeln und vertritt damit sowohl den Willen des VN als auch dessen Wissen. Damit muss sich der VN das Verschulden seines Vertreters anrechnen lassen.

 

Voraussetzungen für die Anwendung des § 19 VersVG

Im § 19 VersVG ist ausdrücklich die Rede vom Abschluss des Versicherungsvertrags durch  einen Bevollmächtigten oder durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht. Damit gilt diese Bestimmung nur für die Vertretung aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung. Nicht anzuwenden ist der § 19 VersVG, im Falle einer gesetzlichen Vertretung des VN.

Handelt es sich beim VN um eine juristische Person, so ist dieser die Kenntnis und das Verschulden der sie vertretenden Organe zuzurechnen. Hierzu wäre etwa der Vorstand eines Unternehmens zu zählen. Wenn sich dieser Vorstand aus mehreren Mitgliedern zusammensetzt, so genügt die Kenntnis und das Verschulden von nur einem Mitglied.

Bei Personengesellschaften genügt die Kenntnis und das Verschulden jenes Gesellschafters, der den Versicherungsvertrag abschließt.

Demgegenüber kommt es bei einer gesetzlichen Vertretung (z.B. Eltern für minderjährige Kinder, gesetzliche Erwachsenenvertreter) nur auf die Kenntnis, und das Verschulden des gesetzlichen Vertreters an. Davon sind wiederum jene Fälle zu unterscheiden, in denen eine nur beschränkt geschäftsfähige Person den Versicherungsvertrag mit Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters selbst abschließt. In dieser Konstellation ist nur die Kenntnis und das Verschulden der beschränkt geschäftsfähigen Person ausschlaggebend.

 

Rechtsfolge: Rücktritt durch den Versicherer

Hat der Antragsteller (VN oder sein Vertreter) einen anzeigepflichtigen Umstand unrichtig angegeben oder verschwiegen, so steht dem VR ein Rücktrittsrecht zu. Die Bestimmungen der
§§ 16 - 18 VersVG sind anzuwenden.

Kein Rücktrittsrecht des VR besteht, wenn dieser den wahren Sachverhalt des unrichtig angezeigten Umstandes bereits kannte. Dabei ist es irrelevant, auf welche Weise der VR die Kenntnis über den tatsächlichen Sachverhalt erlangt hat.

Kein Rücktrittsrecht des VR besteht, wenn die Anzeige eines Risikoumstandes mangels Verschulden des VN oder dessen Vertreters unrichtig erfolgte oder gänzlich unterblieb.

 

Leistungsfreiheit nur bei Kausalität

Auch wenn die Verletzung der Anzeigepflicht den VR zum Rücktritt berechtigt, ist die Leistungsfreiheit auch noch abhängig von der Kausalität (siehe § 21 VersVG).

 

Beweislast

Das Vorliegen einer Verletzung der Anzeigepflicht hat der VR zu beweisen.

Wenn sich der VR auf eine Anzeigepflichtverletzung beruft, so ist es bereits ausreichend, wenn entweder der VN oder sein Vertreter Kenntnis vom falsch angezeigten oder verschwiegenen Risikoumstand hatte. Wendet im Gegenzug der VN mangelndes Verschulden ein, so hat er nachzuweisen, dass dies sowohl für ihn selbst als auch für seinen Vertreter gilt.