Privatkonkurs-NEU
| 26. September 2017 | Recht
Privatkonkurs-NEU
Status vor dem 1.11.2017
Bisher sah das Insolvenzrecht folgende Möglichkeiten der Entschuldung von Privatpersonen vor. Erster Schritt war der Außergerichtliche Ausgleich, bei dem es der Zustimmung aller Gläubiger bedurfte. Scheiterte dieser Versuch kam es zur Insolvenzeröffnung, die einerseits einen Exekutions- und Zinsenstopp und andererseits eine Verwertung des Vermögens zur Folge hatte. Den Gläubigern wurde dann ein Zahlungsplan für maximal sieben Jahre unterbreitet. Die Rückzahlungsquote musste zumindest dem pfändbaren Einkommen der nächsten fünf Jahre entsprechen. Erfuhr dieser Plan die Zustimmung der Gläubigermehrheit – nach Summen und Köpfen – und erfolgte eine fristgerechte Erfüllung durch den Schuldner, wurde die Restschuldbefreiung seitens des Gerichtes ausgesprochen. Wurde der Zahlungsplan seitens der Gläubiger abgelehnt, folgte das Abschöpfungsverfahren, bei dem zur Restschuldbefreiung der Schuldner am Existenzminimum leben und eine Mindestquote von 10% innerhalb von sieben bis maximal 10 Jahren bezahlt werden musste. Dieses Verfahren bedurfte keiner Gläubigerzustimmung. Wurde die Mindestquote nicht erfüllt, lebten alle Schulden samt angefallener Zinsen wieder auf.
Status nach dem 1.11.2017
Mit 1.11.2017 tritt die Reform des Privatinsolvenzrechtes in Kraft, die vorrangig jene Menschen begünstigt, die einen Neustart am nötigsten hätten: Schuldner mit niedrigem Einkommen und solche mit sehr hohen Verbindlichkeiten. Der Versuch eines außergerichtlichen Ausgleichs ist nicht mehr verpflichtend, es ist demnach möglich, sofort die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Es erfolgt wie bisher ein Exekutions- und Zinsenstopp, das Vermögen des Schuldners wird verwertet. Die Bestimmungen über den Zahlungsplan – Laufzeit, Quote, Zustimmung der Gläubiger – bleiben unverändert. Eine Ablehnung des Zahlungsplans führt wie bisher zum Abschöpfungsverfahren, das nun jedoch keine Mindestquote mehr vorsieht. Die Verfahrensdauer, die mit einem Leben am Existenzminimum einhergeht, wurde auf fünf Jahre verkürzt.
Weitere Neuerungen: Überschuldete, die kein pfändbares Einkommen haben, können sich den Zwischenschritt über den verpflichtenden Zahlungsplan sparen und gleich das fünfjährige Abschöpfungsverfahren anstreben. Außerdem wird Sperrfrist von zwanzig Jahren ausgesetzt. Schuldner, deren Abschöpfung aufgrund der Mindestquote gescheitert ist, dürfen sofort wieder eine Privatinsolvenz beantragen.
Übergangsregelungen
Bestehende Abschöpfungsverfahren laufen noch maximal weitere drei Jahre, sofern sie nicht regulär schon zuvor enden. Auch sie können dann ohne Mindestquote Restschuldbefreiung erlangen. Bestehende Zahlungspläne können auf Antrag abgeändert werden, um auf die neuen Regelungen umsteigen zu können.
Notwendigkeit der Reform
2016 wurden österreichweit 8.011 Privatkonkurse mit Gesamtverbindlichkeiten von € 1,03 Milliarden eröffnet. In ganz Europa gibt es eine klare Tendenz zur Verkürzung der Entschuldungsdauer, sie liegt derzeit meist zwischen drei und fünf Jahren. In Großbritannien ist die Entschuldung in nur einem Jahr möglich. Eine Mindestquote ist nur in Tschechien vorgesehen, überall anders steht der Neustart allen offen – gerade auch jenen, die wenig oder nichts mehr besitzen. Der Privatkonkurs muss allen überschuldeten Menschen einen wirtschaftlichen Neustart ermöglichen. Nicht nur die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen, sondern auch Arbeitgeber, Gläubiger und die Volkswirtschaft profitieren, wenn Menschen möglichst rasch neu durchstarten können, ihr Lohn nicht mehr gepfändet wird und sie als Konsumenten wieder aktiv am Leben teilnehmen können.
- Stichworte:
- privatkonkurs
- ausgabe 03/ 2017