Patientenverfügung
| 06. August 2017 | Recht
Patientenverfügung
Wozu dient eine Patientenverfügung?
Das Recht auf Selbstbestimmung ist ein Grundrecht. Daher kann jede Person einer medizinischen Behandlung zustimmen oder sie ablehnen. Ist man selbst in der Lage, den Willen beispielsweise durch eine Zustimmungserklärung zu einer Operation gegenüber den Ärzten auszudrücken, so haben die Mediziner dies auch zu berücksichtigen. Um dieses Recht auf Selbstbestimmung aber auch dann sicherzustellen, wenn sich die Betroffenen nicht mehr selbst äußern können, besteht die Möglichkeit eine schriftliche Patientenverfügung abzufassen. Diese einseitige Willenserklärung ist von den behandelnden Ärzten uneingeschränkt zu beachten.
Ist eine Patientenverfügung gesetzlich umfassend geregelt?
Im Jahre 2006 wurden in Österreich mit dem Patientenverfügungs-Gesetz – kurz: PatVG – erstmalig die Voraussetzungen für die Errichtung einer Patientenverfügung sowie deren Wirkung und mögliche Inhalte derselben geregelt. Die rechtliche Möglichkeit, eine derartige Verfügung zu erstellen, hat es zwar auch schon vor diesem Gesetz gegeben, wesentliche Fragen wie beispielsweise das Formerfordernis, die Gültigkeit oder der Inhalt blieben jedoch weitestgehend unbeantwortet und führten daher zu enormer Rechtsunsicherheit.
Das PatVG beschäftigt sich daher mit folgenden Inhalten:
- allgemeine Gültigkeitserfordernisse,
- mögliche Inhalte,
- Formen,
- Gültigkeitsdauer und
- Schutz vor Missbrauch von Patientenverfügungen
Wer kann eine Patientenverfügung verfassen?
Eine Patientenverfügung muss persönlich abgefasst werden. Familienangehörige, vertretungsbefugte Personen oder Sachwalter sind dazu nicht berechtigt. Die Errichtung einer Patientenverfügung ist demnach ein höchstpersönliches Recht.
Die Person, die eine Patientenverfügung errichten will, muss einsichts- und urteilsfähig sein. Sie muss also in der Lage sein, den Grund und die Bedeutung einer abgelehnten Behandlung einzusehen und ihren Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen.
Die Verfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden und sollte spätestens nach fünf Jahren neuerlich zumindest durch Datum und Unterschrift bestätigt werden.
Was kann Inhalt einer Patientenverfügung sein?
Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung, mit der ein Patient eine oder mehrere medizinische Behandlung(en) – diese müssen konkret genannt werden – ablehnt. Die prinzipielle Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit ist Teil der Pflege und kann nicht abgelehnt werden.
Behandlungswünsche – etwa eine bestimmte Art der Schmerzlinderung können ebenfalls Inhalte einer Patientenverfügung sein. Es müsse aber dafür folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- medizinische Begründbarkeit des Einsatzes (Indikation),
- tatsächliche Durchführbarkeit und
- rechtliche Erlaubtheit
Rechtlich verboten und als Inhalt einer Patientenverfügung demnach unmöglich sind alle Maßnahmen der aktiven direkten Sterbehilfe. Also Behandlungswünsche, die unmittelbar darauf abzielen, das Leben zu verkürzen bzw. zu beenden.
Welche Formen der Patientenverfügung gibt es?
Es gibt die beachtliche und die verbindliche Patientenverfügung.
Für die Errichtung von beachtlichen Patientenverfügungen bestehen keine Formvorschriften. Sie kann demnach schriftlich als auch mündlich abgegeben werden. Eine Gültigkeitsdauer ist nicht festgelegt. Es empfiehlt sich aber, die Verfügung alle drei bis fünf Jahre zu erneuern. Sie kann jederzeit formfrei – auch durch Hand- und Kopfzeichen – widerrufen werden. Die beachtliche Patientenverfügung lässt dem Arzt einen gewissen Auslegungsspielraum. Der Arzt muss sich dann nicht unbedingt an die vom Patienten schriftlich formulierte Ablehnung einer Behandlung halten, wenn er konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte (im Rahmen der Auslegung des mutmaßlichen Patientenwillens) hat, dass der Patient in der aktuellen Situation etwas anderes gewollt hätte, als in der Patientenverfügung schriftlich ausgeführt ist.
Die verbindliche Patientenverfügung, die für fünf Jahre Gültigkeit besitzt, lässt dem Arzt hingegen keinen Spielraum im Rahmen der Auslegung des mutmaßlichen Patientenwillens. Der Arzt muss grundsätzlich diejenige medizinische Behandlung unterlassen, die in der Patientenverfügung beschrieben ist. Für die Errichtung von verbindlichen Patientenverfügungen bestehen strenge Formvorschriften:
- Die abgelehnten medizinischen Behandlungen müssen konkret beschrieben werden.
- Die Folgen der Ablehnung müssen seitens des Patienten durch nachweisliche medizinische Beratung abschätzbar sein.
- Die Abfassung muss schriftlich vor einem Rechtsanwalt, Notar oder einem rechtskundigen Mitarbeiter eine Patientenanwaltschaft oder –vertretung erfolgen.
Patientenverfügungen sollten jedenfalls leicht erreichbar aufbewahrt werden. Aus Gründen der Publizität empfiehlt es sich, die Verfügung durch Rechtsanwälte oder Notare in ein öffentliches Register eintragen zu lassen. Bei einem Spitalsaufenthalt sind die Mediziner jedenfalls über Existenz und Inhalt der Verfügung zu informieren.
Wann wird die Patientenverfügung wirksam?
Eine Patientenverfügung wird wirksam, wenn der Patient nicht mehr einsichts-, urteils- oder äußerungsfähig ist. Solange der Patient willensbildungsfähig ist und Willenserklärungen abgibt, gelten diese aktuellen Willensäußerungen.
Wer beurteilt die Einsichts-, Urteils- oder Äußerungsfähigkeit?
Die Einsichts-, Urteils- oder Äußerungsfähigkeit ist vom behandelten Arzt zu beurteilen und entsprechend – wenn zeitlich möglich in Form eines Gutachtens – zu dokumentieren. Dabei kommt der Gefahr-im-Verzug-Regelung besondere Bedeutung zu. Nach dieser gelten immer dann, wenn der Zustand des Patienten eine dringende Behandlung erfordert, weniger strenge Kriterien bei der Beurteilung der eingangs genannten Fähigkeiten.
- Stichworte:
- patientenverfügung
- ausgabe 02/2017