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Was ist das ...

Avatar of ÖVM ÖVM | 27. September 2023 | Wirtschaft & Steuern

 

... der Unterschied zwischen dem Jahres-abschluss eines Versicherers und jenem eines Handels-, Produktions- oder Dienstleistungsbetriebes
 

Besonderheiten der Rechnungslegung von VUs
Die Jahresabschlüsse von Versicherungsunternehmen unterscheiden sich schon in ihrem äußeren Aufbau in wesentlichen Punkten von denjenigen anderer Unternehmen, sowohl von Produktions- und Handelsunternehmen als auch von Dienstleistungsbetrieben. Die Gliederungsvorschriften des UGB für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung sind für Versicherungsunternehmen nicht brauchbar. Es finden sich demnach eigene Gliederungsvorschriften für Versicherungsunternehmen im VAG. Das Geschäftsjahr von Versicherungsunternehmen hat dem Kalenderjahr zu entsprechen.

Bilanzarten
Die Versicherungsunternehmen müssen sowohl aufgrund unternehmensrechtlicher als auch aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften einmal jährlich Rechnungsabschlüsse erstellen. Für die Erstellung dieser Rechnungsabschlüsse sind vorrangig die Vorschriften des UGB und des VAG zu beachten.

Handelt es sich um ein kapitalmarktorientiertes Versicherungsunternehmen müssen darüber hinaus die International Financial Reporting Standards, kurz IFRS, angewandt werden.

Zur Ermittlung des Eigenmittelerfordernisses bzw. der Eigenmittel-anrechnung muss im Sinne der Solvency II Bestimmungen eine eigene Solvenzbilanz erstellt werden.

Die drei genannten Bilanzen verfolgen – jede für sich – unterschiedliche Ziele. Die UGB-Bilanz dient auf Basis des Vorsichts-prinzips dem Gläubigerschutz. Die Bilanz nach IFRS basiert auf dem True and Fair Value Ansatzes und hat sich dem Anleger- bzw. Investorenschutz verschrieben. Bei der Solvenzbilanz steht der Versicherungsnehmerschutz und die Finanzmarktstabilität im Vordergrund.

Aufbau des Jahresabschlusses
Es werden innerhalb der Bilanz für die drei Versicherungssparten Lebensversicherung, Krankenversicherung sowie Schaden- und Unfallversicherung eigene Bilanzabteilungen gebildet.

In der Gewinn- und Verlustrechnung sind ebenfalls eigene versicherungstechnische Rechnungen für die Lebensversicherung, Krankenversicherung sowie Schaden- und Unfallversicherung zu erstellen. Für nicht versicherungstechnische Positionen ist ein getrennter Ausweis nur bis zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu erstellen.

Der Anhang zum Jahresabschluss von Versicherungsunternehmen enthält außer den für alle Wirtschaftsunternehmen typischen Angaben zahlreiche spezifische Informationen, die mit dem Versicherungsgeschäft zusammenhängen.

Kontenpläne
Die Kontenpläne der Versicherungsunternehmen weichen wegen der besonderen Struktur der Unternehmen und wegen des besonderen Aufbaues der Rechnungsabschlüsse dieser Unternehmen erheblich von den Kontenplänen der Industrie- und Handelsunternehmen ab.

Bewertungsmaßstäbe
Der Grundsatz der Vorsicht ist unter Berücksichtigung der Besonderheit des Versicherungsgeschäftes anzuwenden. Dieser dem Gläubigerschutz dienende Grundsatz besagt, dass nicht realisierte Gewinne nicht ausgewiesen werden dürfen, drohende (nicht realisierte) Verluste jedoch ausgewiesen werden müssen. Grundsätzlich wird mit den Anschaffungskosten bewertet, Wertsteigerungen bleiben unberücksichtigt.

Eine Verschärfung des Vorsichtsprinzips kennt das VAG bei der Bewertung von einzelnen Wertpapieren und Beteiligungen. Bei diesen gilt grundsätzlich – anders als nach UGB, wo ein Wahlrecht besteht – das strenge Niederstwertprinzip, sodass auch nur vorübergehende Wertminderungen berücksichtigt werden müssen.

Besonderheiten gibt es hinsichtlich der Bewertung von Vermögenswerten bei der Erstellung der Solvenzbilanz. Vermögenswerte werden mit dem Betrag bewertet, zu dem sie zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht werden könnten; Verbindlichkeiten werden mit dem Betrag bewertet, zu dem sie zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern übertragen oder beglichen werden könnten.

Der Wert der versicherungstechnischen Rückstellungen entspricht im Sinne der Solvenzbilanz der Summe aus dem besten Schätzwert (Best Estimate) und eine Risikomarge. So soll der für die Berechnung des Eigenmittelerfordernisses notwendige Verkehrswert eruiert werden.

Bilanz
Während auf der Aktivseite der Bilanz von Industrie- und Handelsunternehmen vor allem Fertigungsanlagen und Vorräte wesentliche Positionen darstellen, wird die Vermögensseite in Versicherungsbilanzen von den Kapitalanlagen dominiert. Auffallend ist weiters, dass in Versicherungsbilanzen die Trennung in Anlage- und Umlaufvermögen unternehmensrechtlich nicht vorgesehen ist.

Auf der Passivseite der Bilanzen der Versicherungsunternehmen fehlen Finanzschulden in der Regel vollkommen oder doch weitgehend. Der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme ist bei Versicherungsunternehmen in der Regel niedriger als bei Industrie- oder Handelsunternehmen mit gesunder Kapitalstruktur. Gewissermaßen als Gegenstück zu den Kapitalanlagen auf der Aktivseite findet man auf der Passivseite der Bilanzen von Versicherungsunternehmen eine Reihe von Bilanzposten, die mit dem Sammelbegriff versicherungstechnische Rückstellungen bezeichnet werden.

Die Bilanzsumme eines Versicherungsunternehmens wird im Gegensatz zum Regelfall bei einem Industrie- und Handelsunternehmen nicht von der Aktivseite, sondern von der Passivseite her bestimmt. Versicherungsunternehmen haben die Kapitalanlage im Fokus, während in typischen Unternehmen anderer Sektoren Finanzierung der zur Erbringung der betrieblichen Leistungen notwendigen Vermögenswerte im Vordergrund steht.

Gewinn- und Verlustrechnung
Die Gewinn- und Verlustrechnung von Versicherungsunternehmen wird in Staffelform geführt und beruht auf dem Umsatzkostenverfahren, wobei eine Aufteilung der Aufwendungen auf die sogenannten Funktionsbereiche – Regulierung der Versicherungsfälle, Vermögensverwaltung, Versicherungsabschluss, sonstiger Versicherungsbetrieb und Leistungen an Dritte – vorgesehen ist. Dies impliziert, dass die Kosten des Versicherungsunternehmens verursachungsgemäß den jeweils relevanten Aufwandspositionen im Wege der so genannten Regieteilung zuzuordnen sind.

 

Quellen:
Rockel/Helten/Ott/Sauer; Versicherungsbilanzen; Verlag Schäffer/Poeschel
Rohlfs; Rechnungslegung und Controlling der Versicherungsunternehmen; Verlag VW
Weinberger; Aufsichts- und Bilanzierungsrecht der Versicherungen; Verlag LexisNexis