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was ist das...?

Avatar of ÖVM ÖVM | 06. August 2017 | Recht

was ist das...?

Mit dieser Serie/Rubrik wollen wir dem interessierten Leser Begriffe

aus der Finanzwirtschaft näher -bringen, um für etwaige Kundenfragen

gewappnet zu sein. Frei nach dem Motto:

„Was wir wissen, ist ein Tropfen; was wir nicht wissen, ein Ozean.“

                                                                                     Sir Isaac Newton

 

Kalkulation und Honorarberatung – 1. Teil

Einleitung

Die Diskussion um die angemessene Entlohnung von Dienstleistungen im Versicherungsbereich ist all gegenwärtig. Ein Provisionsverbot wird auf höchster Ebene heftig diskutiert und von Provisionsgegnern sogar vehement gefordert. Man erwartet sich dadurch mehr Transparenz und Unabhängigkeit in der Beratung, was letztendlich aus der Sicht des Kunden zu positiveren Beratungsergebnissen führen soll.

Grund genug sich im Folgenden und in den nächsten Ausgaben des Makler Intern intensiver mit den Themen Honorar bzw. Honorarberatung sowie der Kalkulation des richtigen Stundensatzes zu beschäftigen.

 

Kritik am aktuellen Vergütungssystem

Provisionen in der Versicherungsvermittlung schaffen oftmals Fehlanreize und führen immer wieder zu einer falschen Beratung. Kunden kaufen häufig Produkte, die überhaupt nicht ihrem tatsächlichen Bedarf entsprechen und das vielfach noch zu überhöhten Preisen. Durch Falschberatung, zu hohe Provisionen und Kick-back getriebene Versicherungsempfehlungen entstehen den Kunden oftmals Schäden in beträchtlichem Ausmaß. Das Provisionssystem, so meinen dessen Kritiker, wäre weder unabhängig und fair noch transparent.

 

Honorarberatung

Ganz allgemein wird unter Honorarberatung im Versicherungsvertrieb die Erarbeitung einer Lösung verstanden, bei welcher der Berater keine Provisionen der Produktanbieter erhält, sondern stattdessen dem Kunden direkt ein Honorar in Rechnung stellt.

Die Honorarberatung zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Dem Grundsatz der Unabhängigkeit des Beraters wird Rechnung getragen, indem die Leistungserstellung nicht durch Eigeninteressen oder Interessen Dritter beeinträchtigt wird.
  • Die Leistungen des Beraters werden ausschließlich durch ein - vorab vereinbartes - Honorar vergütet, das der Kunde direkt an den Berater zahlt.
  • Leistungen Dritter, z.B. Provisionen, sind nicht Teil der Vergütung des Beraters.
  • Leistungen Dritter werden – kommen sie in den Einflussbereich des Beraters – dem Kunden der Art und Höhe nach ausgewiesen und in geeigneter Weise auf das Honorar angerechnet.
  • Die Art und Höhe des Honorars erfüllt produkt-ungebunden das Prinzip der Neutralität zwischen Entlohnungshöhe und Beratungsergebnis.

 

Honorarempfehlungen

Mit 1.1.2006 ist in Österreich ein neues Kartellgesetz in Kraft getreten, das jegliche Honorarrichtlinien oder dahingehende Empfehlungen der Interessensvertretungen (= Kammern) verbietet. Bedeutet, dass jeder Versicherungsvermittler selbst die Höhe seines Honorars auf Basis seiner individuellen Kostenstruktur und des gewünschten Gewinns ermitteln muss. Dabei müssen selbstverständlich die besonderen Gegebenheiten des Marktes berücksichtigt werden. Ziel sollte es sein, Honoraransprüche zu kalkulieren, die einerseits am Markt durchsetzbar und andererseits aus Kundensicht transparent und nachvollziehbar sind.

 

Honoraranspruch

Anspruch auf Honorar hat ein Berater nur dann, wenn dies vor der Erbringung der Dienstleistung entsprechend mit dem Kunden vereinbart wurde. Zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten und Unklarheiten sollte der Honoraranspruch in einem schriftlichen, beidseitig unterschriebenen Vertrag festgehalten werden.

Ferner steht einem Berater nur dann ein Honorar zu, wenn die von ihm erbrachte Leistung von seinen gewerbe- und aufsichtsrechtlichen Befugnissen gedeckt ist. Andernfalls hat er keinerlei Anspruch.  

 

Provision und Honorar

Es herrscht fälschlicherweise die Meinung vor, dass im Zusammenhang mit einer Dienstleistung nur eines dieser beiden Vergütungssysteme zur Anwendung gelangen kann. In Wahrheit kann dem Versicherungsvertrieb jedoch beides – Provision und Honorar – aus demselben Geschäft zustehen.

a) Es liegt ein grobes Missverhältnis zwischen Aufwand und Provision vor.

Provisionen werden an den Berater nur dann bezahlt, wenn es zu einem Vertragsabschluss kommt. Sie sind demnach grundsätzlich vom Arbeitsaufwand unabhängig.

Bei besonders schwierigen Vermittlungsdienstleistungen kann aber der zeitliche und/oder materielle Aufwand derart groß sein, dass der tatsächlich entstandene Aufwand in grobem Missverhältnis zur erhaltenen Provision steht. Für derartige Fälle kann der Berater mit dem Kunden zusätzlich zur Provision noch ein Honorar vereinbaren. Eine derartige Vereinbarung ist jedoch nur dann rechtlich bindend, wenn folgende zwei Tatbestände erfüllt sind:

  • Die Beratungsleistung muss mit der Vermittlung in Zusammenhang gestanden sein.
  • Das Ausmaß der Beratungsleistung muss über den normalen Umfang einer Vermittlungsleistung hinausgegangen sein. 

Ist einer dieser beiden Punkte nicht erfüllt, so steht dem Berater lediglich die Provision zu.

 

b) Die Honorarberatung führt zu einem provisionspflichtigen Vertragsabschluss.

Wurde mit dem Kunden grundsätzlich eine Honorarvereinbarung geschlossen und kommt es in derselben Sache zum Abschluss eines Versicherungsvertrages, für den seitens der Assekuranz eine Provision gezahlt wird, so entfällt der Honoraranspruch in Höhe dieser Vergütung durch Dritte.

 

Kalkulation

Kalkulation – vom lateinischen calculatio – bedeutet ganz allgemein Berechnung. Im kaufmännischen Bereich spricht man in diesem Zusammenhang etwas genauer von der Verkaufspreisermittlung. Die Kalkulation ist ein Teil der Kostenrechnung (= Betriebsbuchführung) und wird auch als Kostenträgerrechnung bezeichnet, weil den Kostenträgern, das sind Artikel, Aufträge oder Dienstleistungen, die Kosten so verursachungsgemäß wie möglich zugerechnet werden. Ziel der Kalkulation ist es, in einem ersten Schritt seine Selbstkosten zu berechnen, um in weiterer Folge jenen Marktpreis zu ermitteln, der zum einen die kalkulierten Kosten deckt und zum anderen den gewünschten Gewinn liefert.