Serie Kündigungsrecht
| 27. Februar 2024 | Recht
In der letzten Zeit kam es im Netzwerk des ÖVM vermehrt zu Anfragen im Zusammenhang mit dem § 6 Abs. 1 Zi. 2 KSchG. Grund genug, diese gesetzliche Norm im Folgenden nochmals genauer zu betrachten.
Für Versicherungsverträge, welche auf eine bestimmte Dauer abgeschlossen worden sind, ist eine Vereinbarung, nach der ein Versicherungsverhältnis stillschweigend um mehr als ein Jahr verlängert wird, nichtig. Daraus folgt, dass eine stillschweigende Verlängerung nach Ablauf des Vertrages um jeweils ein Jahr rechtsgültig ist, sofern der Versicherungsnehmer nicht unter Einhaltung der jeweils vorgesehenen Kündigungsfrist den Vertrag auflöst (§ 8 Abs. 1 VersVG). Für Verbraucher gilt diese Regelung jedoch nur eingeschränkt. Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer ausdrücklich über den Ablauf des Vertrages und das damit verbundene Kündigungsrecht informieren.
Unter „ausdrücklicher Information“ ist eine Formulierung zu verstehen, die für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer leicht zu verstehen ist. Ein schlichter Verweis des Versicherers auf den Gesetzestext oder die Versicherungsbedingungen wäre keinesfalls ausreichend. Ebenso unzureichend wäre ein allgemein gehaltener Hinweis wie etwa: „Beachten Sie die Vertragsbestimmungen über die Vertragslaufzeit. Vielmehr muss der Versicherungsnehmer, sofern es sich um einen Konsumenten handelt, informiert werden über:
- das Bevorstehen des ursprünglich vereinbarten Ablaufdatums;
- die automatische Verlängerung des Vertrages um ein weiteres Jahr, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb angemessener Frist erklärt, diesen nicht fortführen zu wollen,
- die konkrete Frist, die der Versicherungsnehmer für die Abgabe seiner Erklärung einzuhalten hat;
- die Erfordernis einer schriftlichen Erklärung („Ablaufkündigung“)
Der zeitliche Rahmen für diese Information muss derart gewählt werden, dass der Versicherungsnehmer die Frist auf jeden Fall noch einhalten kann. Andererseits darf diese Information dem Verbraucher nicht zu früh zugehen. Ein schriftlicher Hinweis bei Vertragsabschluss ist ebenso nichtig, wie einer am Beginn des letzten Vertragsjahres. In der gelebten Praxis gilt eine Zeitspanne von frühestens fünf und spätestens drei Monaten als angemessen. Informiert das Versicherungsunternehmen den Versicherungsnehmer nicht oder nicht rechtzeitig, so kann dieser von der Verlängerung des Vertrages zurücktreten.
Der OGH ist in seinem Urteil 7Ob 52/17y hinsichtlich der Wirksamkeit einer Verlängerungsfiktion noch einen Schritt weitergegangen. Er stellte fest, dass diese Fiktion neben den bereits genannten Voraussetzungen nur dann rechtlich bindend ist, wenn sich die in § 6 Abs.1 Zi. 2 KSchG vorgesehene Hinweispflicht selbst in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern wiederfindet. Die unbedachte Einzahlung der Jahresprämie mittels Zahlschein bzw. die automatische Abbuchung der monatlichen Prämie mittels SEPA-Lastschriftverfahren stellen keine schlüssige Erklärung des Versicherungsnehmers dar, dass er den Vertrag weiterführen möchte.
Der § 6 Abs. 1 Zi. 2 KSchG gilt ausschließlich für befristete Verträge an Konsumenten. Für Unternehmer und Verträge auf unbestimmte Dauer ist diese gesetzliche Regelung nicht anwendbar. Auch die KFZ-Haftpflicht ist aufgrund einer anders lautenden gesetzlichen Bestimmung im spezielleren KFHG nicht umfasst.