Schaden – Quo vadis?
| 16. März 2021 | Wirtschaft & Steuern
Die Art und das Prozedere der Schadenabwicklung haben sich in den letzten 20 Jahren ganz wesentlich verändert.
Einerseits sind die Anforderungen an die Schadensreferenten der Versicherer ebenso gestiegen wie die Anzahl der zu bearbeitenden Fälle. Andererseits hat sich der Arbeitsaufwand pro Schadensfall für den Makler deutlich erhöht. Früher genügte es, den Schaden ordnungsgemäß zu melden und einige fachliche Details mit dem Schadensreferenten abzuklären, um bei Deckung den Schaden zu regulieren. Das Beibringen von Gutachten stellte eher die Ausnahme. Diese Zeiten gehören leider der Vergangenheit an. Vorwiegend ist von dieser Entwicklung das Retailgeschäft betroffen, im Industriebereich gelten immer noch gemäßigtere Regeln. Das standardisierte Melden der Schäden, das Bestellen von Gutachtern, das Beibringen von Kostenvoranschlägen, die Diskussionen über die Höhe der Reparaturkosten etc. sind in der Schadenabwicklung des Maklers täglich Brot. Kaum eine Schadensabwicklung, die ohne Beurteilung durch einen Gutachter und/oder die Rechnungsprüfung durch einen Experten erfolgt. Dem Schadenreferenten wird weitestgehend die Kompetenz entzogen, er wird zum bloßen Boten des Gutachtens degradiert. Auf die Frage, wie unabhängig und neutral Gutachter, die ihre Aufträge überwiegend vom Versicherer erhalten, tatsächlich agieren, soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.
Auffallend ist, dass Versicherer zunehmend – insbesondere bei Schäden in geringerem Umfang - versuchen, jene Aufgabe, die in der Schadensabwicklung seit jeher seitens der Assekuranzen zu erledigen waren, auf den Versicherungsnehmer bzw. seinen Bundesgenossen, dem Makler, abwälzen – unangekündigt, ungefragt und unentgeltlich. Ein völlig haltloser Zustand für unseren Berufstand. Sehen wir uns doch als Partner auf Augenhöhe und nicht als Lakaien der Versicherungsgesellschaften.
Dazu ein kurzes Beispiel:
Dem Mieter ist durch den Bruch eines Wasserrohrs ein Schaden entstanden, der dem Versicherer umgehend gemeldet wird. Der entstandene Schaden wird mit € 800,00 beziffert. Der Schadensreferent der Versicherung wünscht die Einholung eines schriftlichen Sanierungsangebots. Dieses Angebot wird umgehend, sogar mit einem etwas geringeren Betrag von € 790,00. übermittelt. Der Versicherer teilt nach Prüfung des Offertes mit, dass für die Behebung des Schadens lediglich ein Betrag von € 320,00 frei gegeben werden kann. Der Makler interveniert und verweist darauf, dass er keinen Professionisten kennt, der den Schaden um den angebotenen Betrag reparieren werde. Seitens des Schadensreferenten wird ihm daraufhin eine Liste mit fünf Fachbetrieben übergeben, die bereit wären, den Schaden um den zur Verfügung gestellten Betrag zu regulieren. Eine der genannten Firmen wird seitens des Maklers kontaktiert, der Schaden um die angebotene Summe - erhöht um eine kleine Fahrtpauschale - behoben und bezahlt. Eine für alle Seiten kosten- und zeitoptimierte Abwicklung im Sinne des Kunden sieht mit Sicherheit anders aus.
Dieser und ähnlich gelagerte Fälle sind typische Beispiele dafür, welche Arbeitsweise Versicherer aktuell bei der Schadensabwicklung verfolgen, nämlich möglichst viele Arbeitsschritte auszulagern, um die eigenen Kosten zu Lasten des Versicherungsnehmers bzw. des Maklers auf ein Minimum zu reduzieren.
Dieses Vorgehen verursacht nicht nur einen erheblichen Mehraufwand auf Kundenseite, sondern überträgt die eigentliche Arbeit des Versicherers bzw. des durch ihn beauftragten Gutachters – die Schadensfeststellung – über den Umweg eines Kostenvoranschlags in die Sphäre des Versicherungsnehmers. Dem Gutachter kommt in weiterer Folge lediglich die Aufgabe zu, die Kostenvoranschläge zu prüfen. Seitens der Versicherungsunternehmen werden häufig Sanierungsfirmen mit geringen Qualitätsstandards empfohlen bzw. beauftragt, die keine Lehrlinge ausbilden, vorwiegend Hilfskräfte beschäftigen und keinerlei weiterführenden Serviceleistungen anbieten.
Versicherungen haben über Jahrzehnte hinweg ihren volkswirtschaftlichen Beitrag zum Gesamtwohl der Gesellschaft bestmöglich erfüllt. Mit überwiegendem Blick auf den Aktienkurs tritt diese Ethos zunehmend für immer mehr Gesellschaften in den Hintergrund. Die Gewinnmaximierung steht im Vordergrund, nicht das Wohl des Kunden.
Wir als Bundesgenossen des Kunden sind uns unserer Verantwortung bewusst und sollten diese im Rahmen der Risikoeindeckung berücksichtigen. Versicherungsmakler und ihre Expertise sind notwendiger denn je!