Rückversicherung
| 14. Juni 2023 | Recht
Retrozession und Reziprozität
Die Weiterrückversicherung (Retrozession) ist eine Maßnahme des Rückversicherers, mit der er durch Abgabe von Teilen der von ihm übernommenen Rückversicherungen an einen dritten Versicherer, den Retrozessionär, sein Risiko begrenzt und nivelliert. Jenen Rückversicherer, der seinerseits wieder ein Risiko rückversichert, nennt man Retrozedenten. Erst mit Hilfe der Retrozession vermag der Rückversicherer seine Aufgabe, auch größte Risiken durch „Atomisierung“ übernehmen zu können, befriedigend zu lösen. Die Retrozession wird auch als Rückversicherung zweiter Stufe bezeichnet.
Sämtliche Vertragsformen der Rückversicherung – einschließlich ihrer Kombinationen – können auch als Retrozessionen verwendet werden. Am häufigsten ist die Quotenretrozession. Sie ist einfach, kostensparend und wird entweder für einzelne Rückversicherungsverträge oder für Gruppen solcher Verträge genommen. Die Höhe der je Rückversicherungsvertrag zu zahlenden Retrozessionsabgaben richtet sich hauptsächlich nach der vom Rückversicherer übernommenen Haftung, dem Verhältnis zwischen Haftung und Prämie pro Vertrag und der Kumulgefahr mit anderen Verträgen.
Der Retrozessionär erhält meist anteilig die Originalrückversicherungsprämie und hat dementsprechend auch einen Anteil an der Originalprovision zu vergüten. Zu den Kosten des Retrozedenten trägt der Retrozessionär oft durch Vergütung einer Bearbeitungsgebühr – auch Overrider genannt – bei, die zwischen 1% und 3% liegt, gelegentlich ergänzt durch einen Retrozessionsgewinnanteil, wenn der Schadensverlauf befriedigend verläuft.
Es liegt nahe, dass Rückversicherer, die Retrozessionsbedürfnisse haben, sich zuerst an ihre Geschäftspartner wenden, von denen sie Rückversicherungs- oder Retrozessionsverträge übernommen haben. Dies gilt zumal dann, wenn es sich um Geschäfte handelt, die einigermaßen ausgeglichen erscheinen und die keine hohen Verlust-risiken in sich bergen. So bestehen schon seit den Anfängen der Vertragsrückversicherung wechselseitige Rückversicherungsbeziehungen, bei denen jede Partei sowohl als Zedent oder Retrozedent als auch als Rückversicherer oder Retrozessionär auftritt.
Im Retrozessionsgeschäft ist das Verlangen nach Reziprozität üblich. Darunter versteht man Rückversicherungs- oder Retrozessionsgeschäft, das der Rückversicherer dem abgebenden Zedenten als Zugabe zu dem von ihm gewährten Rückversicherungsschutz abgibt. Eine 50%-ige Reziprozität bedeutet beispielsweise, dass der Zedent von seinem Rückversicherer verlangt, ihm in Höhe von 50% der abzugebenden Rückversicherungsprämie seinerseits Rückversicherungsgeschäft an den Zedenten abgibt. Das Ziel der Reziprozität liegt darin, die durch Rückversicherungsabgaben geminderte Prämie wiederaufzufüllen oder im Idealfall sogar einen Gewinn zu erzielen.
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