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Praxistipp "Führerscheinklausel in der Unfallversicherung"

Avatar of Mag. Alexander Gimborn Mag. Alexander Gimborn | 25. Oktober 2022 | Recht

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten beiden Jahren berichteten wir von einem spannenden Fall (Unfalltod in der Unfallversicherung), der nun auch eine finale OGH Entscheidung mit sich brachte.

Zur Erinnerung nochmals der Sachverhalt: Die Bezugsberechtigte war die Ehegattin eines im Juli 2018 verstorbenen Mannes. Der Verstorbene, ein österreichischer Staatsbürger, stammte ursprünglich aus dem Iran. Im Zusammenhang mit der Abwicklung der Verlassenschaft seines verstorbenen Vaters hielt er sich im Sommer 2018 im Iran auf, wo er als Fahrer eines Leichtkraftrads – für das er nachweislich auch die iranische Lenkerberechtigung hatte – von einem Autolenker übersehen und erfasst wurde. Der Versicherte verstarb an den Folgen dieses Unfalls. Der Unfalllenker beging Fahrerflucht und konnte nicht ausgeforscht werden.

Die Versicherung lehnte die Leistung aus der Unfallversicherung mit dem Argument ab, dass der Verstorbene nicht die Lenkerberechtigung nach österreichischem Recht hatte.

 

Der OGH argumentiert in 7Ob184/21s unter anderem wie folgt:

„Die vorliegende Führerscheinklausel stellt auf die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung nach österreichischem Recht ab. Dass ein Versicherer mit Sitz in Österreich bei einem in Österreich wohnhaften Versicherungsnehmer unter dem Gesichtspunkt der Kalkulierbarkeit des Risikos bei der Frage der Lenkerberechtigung auf österreichisches Recht abstellt, ist unter Berücksichtigung des Umstands, dass die kraftfahrrechtlichen Bestimmungen von Staaten außerhalb der Europäischen Union (wie hier: Iran) maßgeblich von der nationalen Rechtslage abweichen und auch schwer ermittelbar sein können, aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers weder ungewöhnlich noch unerwartet. Der Umstand allein, dass andere Versicherer nicht auf die österreichische Rechtslage abstellen, macht die Klausel ebenfalls nicht ungewöhnlich, hat doch die bloße Verbreitung einer Klausel grundsätzlich keinen Einfluss darauf, ob sie als im redlichen Verkehr üblich anzusehen ist. Vor dem dargestellten Zweck der Führerscheinklausel, ein erhöhtes Risiko durch unerfahrene und ungeschulte Lenker zu berücksichtigen, bewirkt die Klausel auch keine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard, den der in Österreich lebende Versicherungsnehmer von einer Unfallversicherung erwarten kann.“

 

PRAXISTIPP

Was bedeutet die Rechtsprechung nun für uns als Versicherungsmakler/innen?

Aufgrund der höchst gerichtlichen Entscheidung wissen wir nun verbindlich, dass bei der Unfallversicherung der Generali der Führerschein nach österreichischem Recht nötig ist und dies auch rechtens ist.

Damit geht naturgemäß ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko für den Versicherungsmakler/in einher: Es ist wahrscheinlich keinem Versicherungsmakler jetzt und zukünftig möglich, verifizieren zu können, wer von seinen Kunden (bzw alle weiteren „Mitversicherten“) über einen FS nach österreichischem Recht (unabhängig von der FS Klasse) verfügen.

Die OGH Entscheidung 5Ob252/15t verschärft unsere Haftungsfrage einmal mehr: Kommt es aufgrund eines Beratungsfehlers des behandelnden Arztes zur nicht gewollten Geburt eines behinderten Kindes, das bei richtiger Aufklärung abgetrieben worden wäre, wird dies als „wrongful birth“ bezeichnet. In einem vielbeachteten Urteil sprach der OGH 2006 aus, dass die Eltern eines so geborenen Kindes vom Arzt den gesamten Unterhalt und nicht nur den Unterhaltsmehraufwand einfordern können. Im vorliegenden Fall hat eine Versicherungsmaklerin ihren Klienten – einen Gynökologen – nicht über dieses Urteil informiert. Das hätte die Versicherungsmaklerin aber wissen müssen, so der OGH!

Wir als ÖVM kommen somit unserer Informationspflicht für die Maklerschaft nach.