Goldene Zeiten für Makler
| 28. Jänner 2018 | Intern
Goldene Zeiten für Makler
Die Zukunft des Versicherungsvertriebs ist vielfältig
Eines ist sicher: Für VersicherungsmaklerInnen hält die Zukunft einschneidende Veränderungen parat: Ob es Goldene Zeiten werden oder bitter-salzige Jahre, das hängt von jedem Einzelnen ab. Der Kuchen wird jedenfalls größer.
Konzentrationsprozesse oder Dezentralisierung des Massengeschäfts, neue Ausbildungserfordernisse oder bürokratische Hürden, Multichannel-Strategien, schrumpfende Provisionen oder Effizienzsteigerung – kein Stein bleibt mehr auf dem anderen. Nahezu alle aktuellen Studien kommen zum Schluss, dass die Jahrzehnte lang erfolgsverwöhnte Branche auf den Prüfstand gestellt werden muss.
Dominieren werden demnach Strategien, die den vielfältigen und Multichannel-Erfordernissen der Versicherungen entgegenkommen. Dabei werden digitale Medien, Aggregatoren und unabhängige Drittvertriebe immer bedeutender, glauben Experten. Was für die Versicherungen unter Kostenmanagement und „Zukunftsszenarien für die Gewinner von morgen“ läuft, bedeutet für traditionelle Vermittlerorganisationen: Hier muss digital aufgerüstet werden, hier müssen sich Berater und Online-Tools nahtlos ergänzen.
Dennoch wird es zu einem Kahlschlag kommen. Fast die Hälfte der Versicherungsvermittler werden voraussichtlich bis 2035 aus dem Markt ausscheiden, prognostizieren Experten. Nicht nur verändertes Kundenverhalten und verschärfte regulatorische Vorgaben zur Vertriebsvergütung sorgen dafür, dass viele Makler aussteigen, in vielen Regionen und Bereichen fehlt schlicht der Nachwuchs. Hinzu kommt, dass die erzielbaren Provisionsvolumen um 40 bis 50 Prozent fallen, so die Unternehmensberatung Oliver Wyman.
Für die Experten steht fest, dass die Versicherer ihre mittlere Kostenquote ohne Provisionen im Schnitt um 20 bis 25 Prozent senken müssen. Besonders hohe Einsparungen sind bei den Abschlussgemeinkosten und bei automatisierbaren internen Betriebs-, Schaden- und Servicefunktionen realisierbar. In der IT hingegen bleiben die Effizienzgewinne vorläufig noch ohne Wirkung, da erhebliche Digitalisierungsinvestitionen nötig sind. Hier wird die Zukunft noch spannend, glaubt ÖVM-Experte Alexander Meixner.
Gewinner denken um
Dass die Versicherer die Digitalisierung verschlafen hätten, ist eine Mär. Sicher ist hingegen, dass viele Vertriebsstrukturen nicht mehr zeitgemäß sind, der stationäre Vertrieb teuer und behäbig ist, was sich letztlich in den Versicherungskosten niederschlägt, die bekanntlich immer zu hoch sind. Der digitale Konsument ist inzwischen erwachsen und online informiert, er schließt einfache Versicherungen wie für Kfz, Reisen, Haushalt & Co. mit wenigen Klicks im Netz ab – und zwingt damit die ganze Branche zum Handeln.
Gewinner haben längst erkannt, dass es mühselig ist, über die Digitalisierung, neue Regularien und administrative Folgen zu schimpfen. Sie setzen sich auf die Surf-Welle und investieren in den Ausbau von Online und Mobile-Lösungen. Denn die neue Welt der Assekuranzen bietet nicht nur mehr Auswahl als früher, sondern will sich in der Regel auch den „teuren“ Vermittler in der Mitte sparen. Folglich muss es dem Makler vor Ort darum gehen, sein eigenes digitales Schaufenster einzurichten und aktuell zu halten.
Der Wow-Faktor im Internet
Das Geschäft übers Internet hat in nahezu allen Branchen zu einem radikalen Wandel geführt. Einkaufen bei Amazon & Co, die Konfiguration des Wunschautos oder die Urlaubsbuchung im Netz sind mittlerweile Standard. Diese Einsicht hat sich auch bei Maklern durchgesetzt, jene, die weiterhin dagegenhalten, sind dem Ruhestand bereits näher als ihren Kunden. Die digitale Entwicklung ist auch im Versicherungsvertrieb nicht mehr aufzuhalten. Findige Berater tüfteln an ihren Internet-Auftritten, an Social Media Profilen und an attraktiven Contents und Mail-Verteilern für ihre Service-Angebote.
Und wenn dann die ersten Anfragen und Abschlüsse über Online-Kanäle gelingen, ist die Überraschung perfekt. „Ich habe nicht geglaubt, dass der Weg zum Kunden via Internet so kurz ist. Jetzt spare ich mir oft nicht nur weite Autofahrten, sondern auch viel Zeit“, sagt Franz Fellner, Makler in Salzburg. „Es ist ein echtes Hochgefühl, Anfragen von völlig unbekannten Neukunden zu erhalten. Daher zahlt es sich jedenfalls aus, in neue Vertriebstools und Kanäle zu investieren.“ In Österreich helfen auch die Versicherer und die ÖVA mit eigenen Schulungen und Seminaren, um die Hemmschwelle zu nehmen.
Vertriebler als Fintech-Startups
Im Netz muss alles einfach und mit ein paar Klicks gehen – sonst wechselt der Kunde zur Konkurrenz, die es besser macht. Ganze Stäbe sind bei den großen Versicherungen inzwischen damit beschäftigt, Image, Produkten und Auftritt einen zeitgemäßen Anstrich zu verpassen. Die Kunden vergleichen Versicherungen mit Amazon und Zalando. Für Makler und Agenturen wird das nicht anders sein, wenn sie weiterhin im Geschäft bleiben wollen. Der Vorteil: Im Netz kann sich auch eine One-Man-Show mit den ganz Großen messen und reüssieren. Nur: Idee und Produkt müssen passen, die Ressourcen stimmen.
Es geht um einfache Kundenlösungen, die in der Regel im direkten Austausch mit dem Konsumenten erarbeitet werden, um Customer Experience Lösungen, Minimum Viable Products und Elastic Infrastructure. Alle Prozesse müssen dazu aus Kundensicht neu gedacht werden. Manches davon kann dann auch in den Direktvertrieb übernommen kommen, denn Berater, die im Kundengespräch mit Digital-Kompetenz punkten, werden heute umso stärker reüssieren, ist sich Alexander Meixner vom ÖVM sicher. Die Produkte von morgen müssen frei von jeglichem Balast sein, dann werden sie sich leichter verkaufen.
Fazit: Wenn die Zeiten für Versicherungsmakler wieder besser werden sollen, muss in die Aus- und Weiterbildung, in die Digitalisierung und Nachwuchspflege investiert werden. Der stationäre Vertrieb wird weiter benötigt, wenn intensive Beratung notwendig ist, etwa bei der Berufsunfähigkeit oder Altersvorsorge. Die Verabschiedung vieler Makler in den Ruhestand wird den Kuchen für die verbleibenden Kollegen deutlich vergrößern. Doch eines hat sich bis dahin geändert: 100 Prozent der Kunden informieren sich vor dem Abschluss im Internet.
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- zukunft
- ausgabe 01/2018