Die Generaliklausel in der gesetzlichen Unfallversicherung
| 02. Mai 2019 | Wirtschaft & Steuern
§ 177 Abs. 2 ASVG – Generalklausel
Eine Krankheit, die ihrer Art nach nicht in der Liste enthalten ist, gilt als Berufskrankheit, wenn die Unfallversicherung im konkreten Fall auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, dass diese Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom/von der Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist. Diese Feststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
Berufskrankheit – Definition
Berufskrankheiten sind Schädigungen der Gesundheit, die durch die versicherte Tätigkeit verursacht wurden.
Auszug aus der Liste der Berufskrankheiten | ||
lfd. Nr. | Berufskrankheiten | Unternehmen |
33 | Durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit | alle Unternehmen |
46 | Durch Zeckenbiss übertragbare Krankheiten (z. B. Frühsommermeningoencephalitis oder Borreliose) | Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft sowie Tätigkeiten in Unternehmen, bei denen eine ähnliche Gefährdung besteht. |
Versicherungsschutz in der
gesetzlichen Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung deckt neben Arbeits- und Wegunfällen auch das Risiko der
Berufskrankheit, also das Auftreten von bestimmten Krankheitsbildern und deren Dauerfolgen.
Abstrakte Berufskrankheiten
Der Gesetzgeber konnte sich aber nicht dazu durchringen, jede Krankheit, die als Folge der Ausübung einer Erwerbstätigkeit auftreten kann, als Berufskrankheit anzuerkennen. Er hat sich vielmehr dazu entschlossen, im Anhang des ASVG Krankheiten taxativ aufzuzählen, und festzulegen, in welchem Unternehmen welche Erkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt werden. Derzeit beinhaltet die Liste 53 Krankheiten, die auch als abstrakte Berufskrankheiten bezeichnet werden.
Deckungslücken in der
gesetzlichen Unfallversicherung
Psychische oder stressbedingte Erkrankungen, wie Burnout oder Herzinfarkt, sucht man in dieser
Liste vergebens. Hautkrankheiten gelten nur dann als Berufskrankheiten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Die Bedingung der Aufgabe schädigender Tätigkeiten ist nicht erforderlich, wenn die Hautkrankheit eine Erscheinungsform einer Allgemeinerkrankung ist, die durch Aufnahme einer oder mehrerer der in der Liste angeführten schädigenden Stoffe in den Körper verursacht wurde.
Konkrete Berufskrankheiten
Im Einzelfall kann eine nicht in der Liste enthaltene Krankheit dennoch als Berufskrankheit angesehen werden. Nämlich dann, wenn der Sozialversicherungsträger auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, dass dieses konkrete Krankheitsbild ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist. Diese Feststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des zuständigen Bundesministeriums. Berufskrankheiten die auf Basis dieser Generalklausel anerkannt werden, nennt man auch konkrete Berufskrankheiten.
Leistung
Während bei den taxativ im Gesetz aufgezählten, abstrakten Berufskrankheiten eine Versehrtenrente bereits ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20% geleistet wird, bedarf es bei den konkreten Berufskrankheiten einer Minderung von mindestens 50%.
Vorgehen bei Verweigerung der Anerkennung einer Krankheit als konkrete Berufskrankheit
Früher haben die Gerichte gegen die Verweigerung der Anerkennung einer Krankheit als konkrete Berufskrankheit keine Klage zugelassen, da man diesen Tatbestand der Verwaltungsgerichtsbarkeit zuordnete. Im Jahr 2016 hat sich die Rechtsprechung geändert. Seitdem kann gegen eine bescheidmäßige Ablehnung der Anerkennung durch den Unfallversicherungs-Träger beim Arbeits- und Sozialgericht Klage erhoben werden. Das Gericht hat dann zu prüfen, ob im Einzelfall eine Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung zurückzuführen ist.
Durch diese Änderung der Rechtsprechung wurde eine Rechtsschutzlücke für die Versicherten geschlossen. Denn grundsätzlich galt immer schon, dass Leistungsangelegenheiten in den Aufgabenbereich der Gerichtsbarkeit fallen. Bei der Entscheidung darüber, ob eine konkrete Berufskrankheit vorliegt oder nicht, handelt es sich ohne Zweifel um eine Leistungssache, weshalb die frühere Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit unverständlich erschien und erheblicher Rechtsunsicherheit führte.
- Stichworte:
- ausgabe 01/2019
- generaliklausel