Bevollmächtigung (Vertretung)
| 02. Mai 2019 | Recht
Bevollmächtigung (Vertretung)
Bevollmächtigung (Vertretung)
Kein Mensch kann rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr arbeiten. Auch ein Unternehmer nicht. Aus diesem Grund stellt sich in der Praxis die Frage, wie der Unternehmer während seiner Abwesenheit (oder auch sonst) rechtswirksam vertreten werden kann.
Begründung einer Bevollmächtigung (Vertretung)
Eine Vollmacht kann entweder rechtsgeschäftlich, das heißt vertraglich eingeräumt oder bereits vom Gesetz selbst geregelt werden. Eine derart eingeräumte Bevollmächtigung (= Möglichkeit, für einen Dritten im Rechtsleben aufzutreten, also jemanden „zu vertreten“) ist z.B. die „gesetzliche Vertretung“ der Eltern für ihre ehelichen minderjährigen Kinder, der Mutter für ihr uneheliches Kind oder der Sachwalter für eine besachwaltete Person.
Auch Gesellschaften (GmbH, OG, KG, etc.) oder Vereine müssen durch natürliche Personen vertreten werden, die für die Gesellschaft/den Verein im Rechts- und Geschäftsleben auftreten. Diese Personen werden als „organmäßige Vertreter“ (Organe) bezeichnet und durch den jeweiligen Gesellschaftsvertrag oder durch die Vereinsstatuten bestellt. Bei einer Aktiengesellschaft oder einem Verein wird der „organmäßige Vertreter“ Vorstand genannt, bei einer GmbH handelsrechtlicher Geschäftsführer und bei einer KG Komplementär.
Grundvoraussetzungen
Damit ein Vertretener rechtswirksam (im Sinne von verbindlich) an Verträge gebunden werden kann, die durch seinen (Stell-)Vertreter abgeschlossen werden, sind einige Voraussetzungen erforderlich:
■ Der Stellvertreter muss „im Namen“ des Vertretenen agieren:
Diese Grundvoraussetzung dient der sogenannten Offenlegung; damit wird für den Vertragspartner ersichtlich, mit wem er einen Vertrag abschließt. Üblicherweise unterzeichnet der Vertreter daher „in Vertretung“ (iV) oder „im Auftrag“ (iA) des Vertretenen. Diese Offenlegung ist auch insofern für den Vertreter wesentlich, da ansonsten in Zweifelsfällen angenommen werden kann, dass der Vertreter den Vertrag selbst abschließen will.
■ Der Vertreter muss eine entsprechende Vertretungsbefugnis erlangt haben:
Durch diese Bestimmung wird der Vertretene „geschützt“; selbstverständlich kann der Vertreter ohne entsprechende Vertretungsmacht keine verbindlichen Verträge für den Vertretenen abschließen. Falls dies trotzdem geschieht, können dadurch Schadenersatzansprüche ausgelöst werden.
■ Der Vertreter muss zumindest beschränkt geschäftsfähig sein:
Mit einer Vollmacht können grundsätzlich nur geschäftsfähige Personen ausgestattet werden. Da dies aber zu einer wesentlichen Einschränkung im Geschäftsleben führen würde, ist auch eine beschränkte Geschäftsfähigkeit ausreichend. Es kann daher z.B. auch ein nicht volljähriger Lehrling einen gültigen Vertrag für seinen Geschäftsherrn abschließen, sofern die übrigen, oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Vertretungsumfang
Mit wenigen gesetzlichen Ausnahmen, bei denen der Vertretungsumfang mehr oder weniger umschrieben ist (z.B. bei der Prokura), obliegt es dem Geschäftsherrn die Vertretungsbefugnis festzulegen (z.B. durch unternehmensinterne Richtlinien). Dabei bestehen folgende Möglichkeiten:
■ Generalvollmacht:
Bei einer solchen Vollmacht ist der Vertreter zu allen Geschäften bevollmächtigt, die nicht gesetzlich besonders geregelt sind (z.B. kann ein rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigter keine Geschäfte für einen Minderjährigen abschließen, wenn er nicht auch dessen gesetzlicher Vertreter (Elternteil) ist).
■ Gattungsvollmacht:
Bei dieser Vollmacht kann der Vertreter lediglich bestimmte Rechtsgeschäfte (Verträge) abschließen (z.B. Einkauf von bestimmten Waren bis zu einem gewissen Wert).
■ Einzelvollmacht:
Hierbei ist der Vertreter nur zum Abschluss eines ganz konkreten Geschäftes bevollmächtigt (z.B. einmaliger Kauf eines ganz bestimmten Produktes).
Überschreitet eine vertretungsbefugte Person den Umfang einer ihr eingeräumten Vollmacht, so kann der Vertretene grundsätzlich nicht an den durch den Vertreter abgeschlossenen Vertrag gebunden werden. Dieser Fall ist nämlich mit dem Fall gleichzusetzen, dass der Vertreter überhaupt keine Bevollmächtigung gehabt hat. Ausnahmen bestehen nur in den Fällen einer Duldungs-, Verwalter-/Laden-, Anscheinsvollmacht oder einer nachträglichen Genehmigung.
Konsequenzen einer nicht legitimierten Vertretung
Hat der Vertreter, der im Namen seines Geschäftsherrn auftritt, keine Vollmacht bzw. überschreitet er seinen erteilten Vollmachtsumfang, so kommt grundsätzlich kein Vertrag zwischen dem Geschäftsherrn und dem Dritten zustande (es sei denn, eine der oben beschriebenen Ausnahmen gelangt zur Anwendung). Da der Vertreter „im fremden Namen“ (das heißt „in Vertretung“ des Geschäftsherrn) auftritt, kommt auch kein Vertrag zwischen dem Vertreter und dem Dritten zustande.
Schadenersatz bei nicht legitimierter Vertretung
Der Vertreter ohne Vertretungsmacht (= Scheinvertreter) haftet für den Vertrauensschaden. Das ist jener Schaden, der dem Dritten dadurch entstanden ist, dass er auf die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts oder der Erklärung vertraut hat. Allerdings darf der Geschädigte nicht mehr verlangen, als ihm im Falle des Vertragsabschlusses zugestanden hätte. Zudem ist die Haftung von bestimmten Voraussetzungen abhängig: Dem Scheinvertreter muss bewusst gewesen sein, dass er ohne Vollmacht handelt bzw. seine Vollmacht überschreitet. Des Weiteren muss er es schuldhaft unterlassen haben, den Dritten auf den Mangel bzw. die Überschreitung der Vollmacht hinzuweisen.
Keine Haftung besteht, wenn der Dritte den Vollmachtsmangel kannte.
- Stichworte:
- ausgabe 01/2019
- bevollmächtigung