Alles (un-)dicht?
| 03. Mai 2023 | Recht
In letzter Zeit sind meines Erachtens einige diskussionswürdige versicherungsrechtliche Entscheidungen des OGH ergangen, für anhaltende Diskussionen sorgt aber jene, die unter 7Ob135m/22 veröffentlicht wurde. Nicht zuletzt deshalb, weil diese nun auch vermehrt zu Ablehnungen der Versicherer bei Leitungswasserschäden durch undichte (Silikon-) Fugen führt.
Was war im konkreten Fall passiert? Der VN ließ 2010 von seinem Schwager eine neue Dusch-trennwand versetzen. Durch einen Montagefehler entsteht eine 2cm breite Fuge, die der Schwager mit Silikon abdichtet. In weiterer Folge tritt dort über die Jahre unbemerkt Wasser aus und verursacht einen Schaden von über € 40.000,–. Nachdem das Erstgericht dem Begehren des Klägers dem Grunde nach stattgegeben hatte, verwehrten sowohl das Berufungsgericht als auch der OGH dem Kläger eine Leistung zur Gänze. Das mag bei einem groben Pfusch wie hier im Ergebnis durchaus richtig sein, die entsprechenden Begründungen dazu erscheinen aber doch etwas fragwürdig.
Der OGH traut dem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer bei der Interpretation von Versicherungsbedingungen und Begriffen jüngst immer mehr zu. So auch, dass er natürlich davon ausgeht, dass Leitungswasser zur Verursachung eines versicherten Schadens bestimmungswidrig austreten muss, obwohl das neben der konkret betroffenen VU auch viele österreichische Versicherer in ihren Bedingungen so nicht voraussetzen. Vermutlich ist es dem Versicherer aber nicht zumutbar, das so in seine Bedingungen aufzunehmen.
Auch geht der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer natürlich nicht davon aus, dass er sich beim Betreten seiner Dusche in einem Behältnis befindet, das in seiner Gesamtheit als angeschlossene Einrichtung zu sehen ist. Nein, er steht da nur unter dem Duschkopf und auf der Duschwanne, aber keinesfalls in der Dusche. Ist ja auch logisch, weil eine angeschlossene Einrichtung ist bestimmungsgemäß jedes Behältnis, das Wasser durchlässt oder aufnimmt und Duschwände lassen normalerweise nun mal kein Wasser durch, zumindest nicht nach außen.
In seiner Urteilsbegründung führt der OGH auch eine Entscheidung des BGH (IV ZR 236/20) an, bei der dieser zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt den Versicherer ebenso mit Leistungsfreiheit belohnte. Das ist insofern interessant, weil diese Entscheidung auch bei unseren Nachbarn heftig diskutiert wurde. Dort war eine undichte Silikonfuge zwischen Duschwand und Duschwanne ursächlich für den Schaden. Die Begründungen des BGH ähneln dabei trotz unterschiedlicher Bedingungslage stark jenen unseres OGH. Der BGH ist der Ansicht, dass hier das Wasser über die Fuge zwischen Duschwand und Duschwanne austritt und nicht über eine angeschlossene Einrichtung. Es ist aber nur schwer vorstellbar, dass das Wasser hier ohne Kontakt zur Duschwanne in den Wand- oder Bodenaufbau läuft. Bei Kontakt des Wassers mit der Duschwanne tritt dieses aber wiederum und sogar bestimmungswidrig aus einer angeschlossenen Einrichtung aus.
Offenbar dürften an der Korrektheit der Entscheidung des BGH viele deutsche Versicherer so ihre Zweifel haben, da sie trotz des vorliegenden Urteils ihre bisherige Entschädigungspraxis beibehalten und weiter für die Kosten solcher Schäden aufkommen.
Ähnliches scheint auch bei uns in Österreich möglich zu sein. An dieser Stelle darf man der Wiener Städtischen und der Generali ein vorsichtiges Lob aussprechen. Diese beiden Versicherer haben in einer ersten Rückmeldung auf eine diesbezügliche Anfrage mitgeteilt, Schäden dieser Art weiter wie bisher abzuhandeln.
Ob es ihnen auch andere Versicherer gleichtun und wie sie in Zukunft mit Folgeschäden durch undichte Fugen umgehen, fragen wir bei den Versicherungsunternehmen ab und stellen Euch die Ergebnisse in einer der nächsten Ausgaben des Makler Intern zur Verfügung.
Abschließend darf ich noch anmerken, dass sich ÖVM-Makler, die sich der Rahmenvereinbarungen zur Eigenheim- und Haushaltsversicherung und Gewerbeversicherung bedienen, zumindest bei Schäden durch undichte Silikonfugen an Badewannen und Brausetassen keine Sorgen machen müssen. Dieses und andere Highlights der Generali Vereinbarungen könnt ihr dem Newsletter des Kollegen Ivanic dazu entnehmen. In den Donau Klauseln zur Gewerbeversicherung ist auch eine gleichlautende Klarstellung enthalten.
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