Achtung: Generali Führerscheinklausel in der Unfallversicherung
| 02. Dezember 2021 | Recht
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits im Jänner 2020 berichteten wir von einem spannenden Fall (Unfalltod in der Unfallversicherung), der nun bereits auch zwei gerichtliche Entscheidungen mit sich brachte.
Zur Erinnerung nochmals der Sachverhalt:
Die Bezugsberechtigte war die Ehegattin eines im Juli 2018 verstorbenen Mannes. Der Verstorbene, ein österreichischer Staatsbürger, stammte ursprünglich aus dem Iran. Im Zusammenhang mit der Abwicklung der Verlassenschaft seines verstorbenen Vaters hielt er sich im Sommer 2018 im Iran auf, wo er als Fahrer eines Leichtkraftrads – für das er nachweislich auch die iranische Lenkerberechtigung hatte – von einem Autolenker übersehen und erfasst wurde. Der Versicherte verstarb an den Folgen dieses Unfalls. Der Unfalllenker beging Fahrerflucht und konnte nach derzeitigem Informationsstand nicht ausgeforscht werden. Blutgeld Iran!
Der Verstorbene hatte bei zwei Versicherungsgesellschaften, sowohl bei der Wiener Städtischen Versicherungs AG als auch bei der Generali Versicherungs AG, jeweils eine private Unfallversicherung inklusive Unfalltoddeckung abgeschlossen. Durch den Unfalltod des Versicherungsnehmers ist das versicherte Risiko eingetreten. Die Bedingungen AUVB der Generali lauten wie folgt:…“ „[...] um dem Eintritt des Versicherungsfalls oder einer Erhöhung des Umfangs der Versicherungsleistung vorzubeugen, ist folgende Obliegenheit einzuhalten: Die versicherte Person besitzt als Lenker eines KFZ die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung nach österreichischem Recht, die zum Lenken eines KFZ vorgeschrieben ist [...]“.
Die Bedingungen der Wiener Städtischen - und apropos auch die der meisten österreichischen Versicherungen – sind positiv gleichlautend, nur dass die drei Worte „nach österreichischem Recht“ eben dort nicht enthalten sind. Durch das Fehlen besagter drei Worte „nach österreichischem Recht“ leistete die Wiener Städtische Versicherungs AG - nachdem der Beweis über das Vorliegen des iranischen Motorführerscheins erbracht wurde die vereinbarte Todesfallsumme an die Bezugsberechtigten.
Die Generali verweigerte bis dato die Zahlung mit der Begründung, der Verstorbene hätte über keine gültige Berechtigung zum Lenken des von ihm verwendeten Leichtmotorrads verfügt.
Aus Lehre und auch aus Rechtsprechung wissen wir, dass das Fehlen einer Lenkerberechtigung (wir vergessen nicht, dass der VN im Zeitpunkt des Unfalles die iransiche aber nicht die österreichische Lenkerberechtigung besaß) eine Obliegenheitsverletzung darstellen kann. Eine solche Pflichtverletzung kann seitens des Versicherers im Sinne des § 6 VersVG insbesondere dann zu einer Leistungsfreiheit führen, wenn die Verletzung einen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der obliegenden Leistung gehabt hätte. Und genau eine derartige Kausalität fehlt mE im gegenständlichen Fall. Der Unfall geschah, da der Lenker eines PKWs die versicherte Person am Straßenrand übersah. Daran hätte das Vorhandensein eines Führerscheins, welchen Landes und welcher Klasse auch immer, nichts geändert.
Weiters interessant erscheint, dass die österreichischen Muster-Versicherungsbedingungen (Versicherungsverband Österreich) das Verfügen über eine kraftfahrrechtliche Berechtigung zum Lenken des gelenkten Fahrzeugs im Staat der Benützung vorsehen. Wir könnten nun weiter über Lehre und Rechtsprechung philosophieren, Faktum ist, dass die Generali in erster Instanz (LG Salzburg) sowie auch in zweiter Instanz (OLG Linz) gewonnen hat. Jetzt ist der OGH am Zug und es gilt zu klären, ob die Bestimmung der Generali „….nach österreichischem Recht…..“ nach § 864a ABGB überraschend ist bzw ob diese Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts ist.
Die beiden ersten Instanzen haben dies nicht als ungewöhnlich angesehen.
Das altgriechische Wort Telos steht für Ziel bzw in der Rechtswissenschaft für den Zweck eines Gesetzes. Die Führerscheinklausel in den Obliegenheiten hat ja das Ziel bzw den Zweck, das erhöhte Risiko durch ungeschulte Lenker zu vermeiden. Im obigen Fall hatte der Lenker im Unfallsland eine Lenkerberechtigung, aber die falsche, da nicht die Österreichische.
Was bedeutet dies für uns Versicherungsmakler/innen? Damit geht für uns alle – bei Generali Unfallversicherungsverträgen – ein Haftungsszenario einher, auf das aufmerksam gemacht werden muss. Niemand von uns kann mit Sicherheit behaupten, dass alle seine Kunden über einen österreichischen Führerschein verfügen. Wichtig erscheint, dass in den älteren Generali AUVB die drei Worte „…nach österreichischem Recht….“ nicht enthalten sind! Alle Generali UV Bedingungen ab AUVB2012 enthalten die Bestimmung, die nun durch den OGH zu überprüfen ist.